Share Deals: Geplante Änderungen im Hinblick auf die Grunderwerbsteuer
Share Deals: Geplante Änderungen im Hinblick auf die Grunderwerbsteuer
Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat einen Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur Novellierung des Grunderwerbsteuergesetzes erarbeitet. Besondere Bedeutung erhält dieser Entwurf für Share-Deal-Konstellationen. Einer der Hauptgründe für die Novellierung des Grunderwerbsteuergesetzes ist das bevorstehende Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) am 1. Januar 2024. Ziel der Novellierung ist die Verhinderung von steuerumgehenden Gestaltungen einerseits und die Verhinderung der Besteuerung steuerunwürdiger Fälle andererseits. Zu diesem Zwecke werden unter anderem die derzeit gebräuchlichen starren Beteiligungsgrenzen sowie Fristen in Share-Deal-Konstellationen aufgehoben. Es ist zu erwarten, dass die neuen Regelungen zeitgleich mit dem MoPeG am 1. Januar 2024 in Kraft treten.
Mit Inkrafttreten des MoPeG wird das Gesamthandsprinzip bei Personengesellschaften aufgehoben, so dass Immobilien nicht mehr dem gesamthänderischen Vermögen der Gesellschafter, sondern der Gesellschaft selbst zugeordnet werden. Insbesondere die derzeitigen §§ 5, 6 und 7 Abs. 2 GrEStG setzen tatbestandlich die Gesamthandgemeinschaft voraus, so dass diese Vorschriften dem Wortlaut nach nicht mehr auf Personengesellschaften anwendbar sind. Das BMF hat sich insoweit für einen rechtsformunabhängigen Ansatz entschieden und unter anderem die Steuervergünstigungen, die vorher nur bei Erwerben von und zu einer Gesamthandsgemeinschaft gewährt wurden, auf Personen- und Kapitalgesellschaften ausgeweitet (§ 5 GrEStG-E).
Derzeit ist der Erwerb von mindestens 90% der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft grunderwerbsteuerpflichtig. Der Diskussionsentwurf sieht vor, dass wieder erst der Erwerb der Gesamtheit aller Anteile Grunderwerbsteuer auslösen soll. Für den Fall, dass ein Erwerb von weniger als 100% erfolgt, plant der Gesetzgeber die Tatbestände der „Erwerbergruppe“ sowie der Person mit „dienendem Interesse“ einzuführen. Diese Tatbestände sollen in besteuerungswürdigen Fällen einen Erwerb der Gesamtheit der Anteile fingieren, wenn eine geringere Beteiligung mit dem Ziel erworben wird, Grunderwerbsteuer zu vermeiden.
Erwerben mindestens zwei Personen gemeinschaftlich die Gesamtheit der Anteile mit dem Ziel, Grunderwerbsteuer zu vermeiden, können diese als Mitglieder einer „Erwerbergruppe“ angesehen werden. Über das bloße gemeinschaftliche Erwerben hinaus ist erforderlich, dass zwischen den Erwerben ein zeitlicher sowie sachlicher Zusammenhang besteht. Der zufällige Erwerb durch mehr als eine Person erfüllt noch nicht den Tatbestand der Erwerbergruppe. In der Folge wird die Erwerbergruppe wie eine Einzelperson behandelt, die die Gesamtheit der Anteile erwirbt, und somit der Grunderwerbsteuer unterliegt. Die Mitglieder der Erwerbergruppe schulden die Grunderwerbsteuer als Gesamtschuldner, wobei zusätzlich die grundbesitzende Gesellschaft persönlich und das Grundstück dinglich für die Grunderwerbsteuer haftet. Mitglieder einer „Erwerbergruppe“ können sowohl natürliche Personen, juristische Personen als auch Personengesellschaften sein.
Über die Erwerbergruppe hinaus, wird noch der Tatbestand der Person mit „dienendem Interesse“ eingeführt. Erwirbt eine Person nicht die Gesamtheit der Anteile einer grundbesitzenden Gesellschaft, unterliegt dieser Erwerb trotzdem der Grunderwerbsteuer, wenn eine dritte Person (z. B.: ein ursprünglicher Gesellschafter) die übrigen Anteile im „dienenden Interesse“ des Erwerbers hält, die Grunderwerbsteuer zu umgehen. In diesem Fall werden die zurückgehaltenen Anteile beim Erwerber nicht berücksichtigt und ein Erwerb der Gesamtheit der Anteile wird beim Erwerber fingiert. Beispielsweise kann ein dienendes Interesse vorliegen, wenn der Erwerber die Mehrheit der Anteile erwirbt (bspw. 89%) und der Anteilsinhaber der übrigen Anteile in seinen Gesellschaftsrechten beschränkt wird.
Bei Umstrukturierungen soll nunmehr jede Erwerbsform steuervergünstigt werden, wenn sich der bestimmende Einfluss über ein Grundstück nicht verändert.
Der Diskussionsentwurf sieht wesentliche Veränderungen für das Grunderwerbsteuergesetz vor, insbesondere im Hinblick auf Share-Deal-Konstellationen. Durch die Aufgabe des Gesamthandsprinzips mit dem MoPeG, ist eine Novellierung des Grunderwerbsteuergesetzes erforderlich geworden. Da es sich hierbei noch um einen Diskussionsentwurf handelt, sind Änderungen im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens zu erwarten. Zudem ist zu erwarten, dass die Änderungen des Grunderwerbsteuergesetzes zeitgleich mit dem MoPeG in Kraft treten sollten, um einen Gleichlauf zu gewährleisten. Allerdings bleiben noch einige Fragen unbeantwortet. Insbesondere beim Umgang mit in der Vergangenheit liegenden Anteilserwerben an grundbesitzenden Gesellschaften, die bislang nicht der Grunderwerbsteuer unterlagen (Erwerb von weniger als 95% bzw. 90%) ist nicht klar, wie der Hinzuerwerb der verbleibenden Anteile nach Ablauf der Zehn-Jahres-Frist zu behandeln ist. Es ist daher anzuraten, vergangene Anteilserwerbe von weniger als 100% an grundbesitzenden Gesellschaften in den letzten zehn Jahren zu überprüfen, um etwaig sinnvolle Maßnahmen vor dem 1. Januar 2024 einzuleiten.
Gerne beraten wir Sie hierzu in entsprechenden Angelegenheiten.