Besteuerung von Bitcoin, Ether, Litecoin und Co.: Steuerpflichtige Einkünfte bei Krypto-Währungen - aber dennoch können Privatinvestoren aufatmen!
Besteuerung von Bitcoin, Ether, Litecoin und Co.: Steuerpflichtige Einkünfte bei Krypto-Währungen - aber dennoch können Privatinvestoren aufatmen!
Nach einjährigem Ringen hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) nun endlich Ausführungen dazu veröffentlicht, wie virtuelle Währungen (z. B. Bitcoin, Ether, Litecoin und Co.) und sonstige Tokens (nachfolgend: Krypto-Währungen) ertragsteuerlich zu behandeln sind.
In einem 24-seitigen Schreiben vom 10.05.2022 werden die steuerlichen Auswirkungen von Erwerb, Verkauf/ Tausch und Verwendung von Krypto-Währungen erläutert. Auch auf die Besteuerung spezieller Tätigkeiten wie dem Mining (Proof of Work), Forging (Proof of Stake), Staking, Lending und auf spezielle Erwerbsvorgänge wie den Erwerb durch Airdrops oder Hard Forks geht das BMF ein. Umfassende 10 Seiten widmet das Schreiben zudem der technischen Erläuterung, um Klarheit über die zu Grunde gelegten Begrifflichkeiten zu schaffen.
Die Finanzverwaltung geht davon aus, dass die einzelnen Einheiten von Krypto-Währungen Wirtschaftsgüter sind, die dem Eigentümer, in der Regel dem Inhaber des privaten Schlüssels, zuzurechnen sind. Im Falle von Online-Anbietern, bei denen die Wallet über den Browser aufgerufen wird und der private Schlüssel durch den Anbieter verwaltet oder auf Anweisung des Kunden eingesetzt wird, ist das Wirtschaftsgut entsprechend dem Kunden als dem wirtschaftlichen Eigentümer zuzurechnen.
Je nach Ausgestaltung können Erwerb bzw. Anschaffung, Veräußerung bzw. Tausch von Krypto-Währungen (Krypto- zu Fiat-Währung, aber auch Krypto- zu Krypto-Währung) und deren Verwendung durch natürliche Personen zu Einkünften aus Gewerbebetrieb, aus privaten Veräußerungsgeschäften, ggf. aber auch zu Lohn, Kapitaleinkünften oder sonstige Einkünften führen. Das BMF erläutert die jeweils in Betracht kommende ertragsteuerliche Einordnung der unterschiedlichen Vorgänge (Blockerstellung im Rahmen des Mining/Forging, Verwendung für Staking oder für Lending, Betrieb einer Masternode, Veräußerung, Hard Forks, Airdrops, ICOs) im Detail.
Für die konkreten steuerlichen Folgen ganz entscheidend ist dabei, ob Geschäfte im privaten Bereich oder im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit erfolgen, insbesondere, ob die Krypto-Währungen im Betriebsvermögen oder im Privatvermögen gehalten werden.
Zwar unterliegen grundsätzlich sowohl Privatanleger als auch gewerblich Tätige der Besteuerung. Ein erheblicher Unterschied ergibt sich aber insbesondere bei den Rechtsfolgen einer Veräußerung:
Das BMF hat nun klargestellt, dass Anleger, die ihre Krypto-Währung im Privatvermögen halten, diese steuerfrei veräußern können, wenn eine mindestens einjährige Haltefrist (auch: Spekulationsfrist) eingehalten wird.
In diversen Vor-Entwürfen hatte die Finanzverwaltung noch die kontrovers diskutierte Auffassung vertreten, dass es zu einer Verlängerung der Spekulationsfrist auf 10 Jahre für Privatanleger kommen müsse, sobald Krypto-Währungen als Einkunftsquelle genutzt werden. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn Privatanleger ihre Krypto-Währung für Lending oder Staking verwenden. Ein Verkauf wäre dann nicht schon nach einem Jahr, sondern erst nach Ablauf von 10 Jahren steuerfrei. Dass sich das BMF nun doch von dieser Sichtweise distanziert hat, ist sehr zu begrüßen.
Diese einjährige Frist gilt nicht, wenn die Krypto-Währung im Betriebsvermögen gehalten wird.
Auch für Erwerbe durch Hard Forks oder Airdrops ist die Zuordnung zum Betriebs- oder Privatvermögen hinsichtlich der steuerrechtlichen Konsequenzen entscheidend.
Allerdings bleibt die Abgrenzung zwischen gewerblichem Handel und privater Vermögensanlage weiterhin vielschichtig und stark vom Einzelfall abhängig. Insoweit schafft das BMF-Schreiben nur teilweise Rechtssicherheit, da hier nur allgemein auf steuerrechtliche Grundsätze verwiesen wird, die für den klassischen Wertpapier- und Devisenhandel gelten. Danach reicht der fortgesetzte An‑ und Verkauf von Wertpapieren für sich allein, auch wenn er einen erheblichen Umfang annimmt und sich über einen längeren Zeitraum erstreckt, zur Annahme eines Gewerbebetriebs nicht aus, solange er sich noch in den gewöhnlichen Formen, wie sie bei Privatleuten die Regel bilden, abspielt. Was allerdings eine bei Privatleuten „gewöhnliche Form“ des Handels mit Krypto-Währungen darstellen soll, bleibt weiterhin vom BMF unbeantwortet. Dieses Schweigen des BMF hinterlässt, insbesondere vor dem Hintergrund der Schnelllebigkeit des Handels im Kryptobereich und den teils massiven Wertschwankungen, die schnelles Handeln vom Inhaber erfordern, weiterhin Rechtsunsicherheit, aber auch einen gewissen Argumentationsspielraum.
Werden die Krypto-Währungen von einer inländischen Kapitalgesellschaft (z. B. einer GmbH) gehalten, gelten die Einkünfte stets als gewerblich und die Krypto-Währungen sind in diesen Fällen stets dem Betriebsvermögen zuzuordnen.
Für Tätigkeiten im Rahmen des Minings (Proof of Work) und Forgings (Proof of Stake), bei denen Blockrewards und Transaktionsgebühren im Gegenzug für die Blockerstellung vereinnahmt werden, geht die Finanzverwaltung regelmäßig von einer gewerblichen Tätigkeit aus. Die eingesetzten und erhaltenen Krypto-Währungen sind in diesen Fällen dem Betriebsvermögen – mit den vorgenannten Besteuerungsfolgen – zuzurechnen.
Die Blockerstellung führt zu einer Anschaffung (nicht zu einer Herstellung!) des Wirtschaftsguts, welches mit dem Marktkurs im Zeitpunkt der Anschaffung (gewinnerhöhend) anzusetzen ist. Erst im Zeitpunkt der Erzielung eines Veräußerungserlöses sind etwaige Anschaffungskosten dann gewinnmindernd abzuziehen.
Lediglich das Staking (ohne Übernahme der Blockerstellung) sowie ggf. die Teilnahme an Mining- und Staking-Pools oder einem Cloud-Mining-Dienst kann wiederum in den Bereich der privaten Vermögensverwaltung fallen. Auch hier kommt es auf den Einzelfall an.
Weiter geht die Finanzverwaltung davon aus, dass auch der Erwerb von Krypto-Währungen, die Privatanleger im Rahmen von Airdrops erhalten (wie dies oftmals im Rahmen von Marketing-Aktionen bei der Neueinführung virtueller Währungen der Fall ist), steuerlich relevant sein können, sofern für den Erwerb eine Gegenleistung erbracht wird. Dazu ausreichend soll bereits sein, dass Kontaktdaten in einem Online-Formular angegeben werden. Ohne Gegenleistung ergeben sich zwar ertragsteuerlich keine Konsequenzen, allerdings deutet das BMF für diese Fälle an, über schenkungsteuerrechtliche Konsequenzen nachzudenken. In der Regel dürfte der Umfang solch unentgeltlich gewährter Airdrops einen Wert von 20.000 EUR jedoch nicht überschreiten, so dass regelmäßig keine Schenkungsteuer ausgelost werden sollte.
Hinsichtlich der Dokumentationserfordernisse bietet das neue Schreiben einige Erleichterungen an.
So ist für die Bewertung der Krypto-Währung nun ausreichend, lediglich einen Kurs von einer Handelsplattform (z. B. Kraken, Coinbase und Bitpanda) oder einer webbasierten Liste (z. B. https://coinmarketcap.com/de) anzugeben, anstelle des bislang noch diskutierten Durchschnittskurses von drei verschiedenen Handelsplattformen.
Auch ist nicht mehr zwingend die sog. FiFo-Methode anzuwenden, bei der unterstellt wird, dass diejenigen Einheiten der Krypto-Währung, die zuerst angeschafft wurden, auch diejenigen sind, die im Rahmen des privaten Veräußerungsgeschäfts als erstes eingesetzt wurden („First-In-First-Out“) anzuwenden. Hier kann jetzt auch die Durchschnittsmethode Anwendung finden. Die gewählte Methode gilt dann allerdings walletbezogen.
Das Schreiben gilt in allen noch offenen Fällen, ist also ab sofort vom Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung zu beachten.
Das BMF-Schreiben ist zu begrüßen, da es nun zumindest in weiten Teilen Klarheit für die ertragsteuerliche Behandlung bestimmter Krypto-Einkünfte bringt. Ob in späteren Schreiben auch noch Ausführungen zu Non Fungible Tokens (NFTs), Stable Coins (wie z. B. Tether, Gemini Dollar) oder Decentralized Finance (DeFi) erfolgen, bleibt abzuwarten.
Für Privatanleger ist insbesondere die Möglichkeit der steuerfreien Veräußerung nach Ablauf der lediglich einjährigen und – nicht verlängerbaren – Spekulationsfrist erfreulich.
Auch die Erleichterungen bei der Dokumentation sind zu befürworten.
Wünschenswert wären allerdings noch ausführlichere Antworten zur Sichtweise der Finanzverwaltung bei der praktischen Abgrenzung zwischen Gewerblichkeit und privater Vermögensverwaltung gewesen. Auch die Frage, ob und inwieweit weitere Mitwirkungs- und sogar Meldepflichten bei Krypto-Transaktionen bestehen, beantwortet das BMF-Schreiben vorerst nicht.
Es ist aber davon auszugehen, dass das nun veröffentliche Schreiben den Auftakt zu weiteren Verlautbarungen der Finanzverwaltung zum Thema Krypto darstellt und die Finanzverwaltung ihre Auffassung im Laufe der Zeit noch weiter aktualisieren wird.
Künftig müssen Inhaber von Krypto-Währungen sehr genau prüfen und dokumentieren, welche Krypto-Währungen sie in welcher Form halten, um festzustellen, wie sich Erwerb, Verwendung und Veräußerung steuerlich auswirken. Auch Sachverhalte, die nicht ganz offensichtlich sind (z. B. Airdrops), können ggf. Steuerpflichten auslösen. Praktische Unsicherheiten, insbesondere in der so wichtigen Abgrenzung zwischen gewerblicher Tätigkeit und privater Vermögensverwaltung sollten nicht unterschätzt werden.
Da sich das BMF allerdings mit seinen Ausführungen zur Besteuerung der Krypto-Währungen auf, zumindest aus steuerrechtlicher Sicht, noch relativ „neues“ Terrain begibt, zu dem Entscheidungen der Finanzgerichte bislang weitestgehend fehlen, sollte die weitere Entwicklung, insbesondere die Auffassung der Rechtsprechung, im Blick behalten werden. So ist die Auffassung, dass es sich bei Krypto-Währungen um Wirtschaftsgüter handelt, die zu Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften führen können, derzeit Gegenstand eines beim Bundesfinanzhof anhängigen Verfahrens (Az.: IX R 3/22).
Im Einzelfall sollte geprüft werden, etwaige Bescheide im Wege des Einspruchs offen zu halten, um die Auffassung der Finanzverwaltung, soweit sie von der herrschenden Literaturmeinung abweicht, von den Finanzgerichten überprüfen zu lassen.
Gern unterstützen wir Sie in sämtlichen Fragen zu dem neuen BMF-Schreiben und rund um das Thema Besteuerung von Krypto-Währungen.