Ein guter Tag für eine gute Sache - Das Gemeinnützigkeitsrecht wurde endlich reformiert!
Ein guter Tag für eine gute Sache - Das Gemeinnützigkeitsrecht wurde endlich reformiert!
Mit dem gestern vom Bundestag verabschiedeten Jahressteuergesetz 2020 ist der Gesetzgeber einen großen Schritt auf gemeinnützige Organisationen (im Folgenden hier als „NPOs“ bezeichnet) zugegangen. Endlich wurden neue Regelungen im Gemeinnützigkeitsrecht geschaffen, die das Leben und Wirken spendensammelnder Vereine, gGmbHs und Stiftungen deutlich erleichtern dürften. Einige der Änderungen finden bereits rückwirkend ab dem 1.1.2020 Anwendung. Nun muss nur noch der Bundesrat am Freitag zustimmen.
Wir geben Ihnen einen kurzen Überblick und erklären die Bedeutung der neuen Regelungen, die das Jahressteuergesetz 2020 für das Gemeinnützigkeitsrecht bereithält.
Künftig dürfen sich NPOs u.a. auch für folgende Zwecke einsetzen:
Durch die Erweiterung bzw. Klarstellung des Katalogs der gemeinnützigen Zwecke reagiert der Gesetzgeber auf die Aktualität dieser Themen und erkennt ein Engagement in diesen Bereichen an. Auch wenn die meisten Ziele bereits durch andere Zwecke abgedeckt waren, bedeutet dies für NPOs, die in diesen Bereichen tätig sind, größere Rechtssicherheit.
Auch der Begriff des Zweckbetriebs wurde um weitere Regelbeispiele ergänzt.
Flüchtlingseinrichtungen werden nun ausdrücklich als Zweckbetriebe anerkannt. Bislang mussten NPOs für Leistungen im Rahmen der Versorgung, Verpflegung und Betreuung von Flüchtlingen stets den strengen Nachweis, dass es sich um mildtätige Zwecke handelt, erbringen. Diese aufwändige Prüfung entfällt nun.
Ebenso werden nun auch Betriebe, die der Fürsorge für psychische und seelische Erkrankungen bzw. Behinderungen dienen, ausdrücklich als Zweckbetriebe benannt.
Das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung verpflichtet NPOs, ihre Mittel (z.B. gesammelte Spenden, Mitgliedsbeiträge, etc.) innerhalb von zwei Jahren nach Zufluss für gemeinnützige Zwecke auszugeben. Künftig müssen NPOs, die nicht mehr als 45.000 EUR pro Jahr einnehmen, diese strikten Regelungen nicht mehr beachten. Für sie entfällt daher auch die Notwendigkeit, eine Mittelverwendungsrechnung zum Nachweis der zeitnahen Verwendung zu erstellen.
Der Unmittelbarkeitsgrundsatz hat NPOs bislang stark eingeschränkt. Denn zum Erhalt des Gemeinnützigkeitsstatus ist es erforderlich, dass eine NPO ihre Zwecke selbst verwirklicht und nicht mittelbar über einen Dritten. Schwierig wurde es beispielsweise, wenn eine NPO Tätigkeiten oder ihren Zweckbetrieb auf eine Tochtergesellschaft auslagern wollte. Dann bestand immer ein erhebliches Risiko, dass das Finanzamt unter Hinweis auf eine bloß mittelbare Förderung der gemeinnützigen Zwecke die Gemeinnützigkeit jedenfalls der Tochtergesellschaft aberkennen würde.
Der Gesetzgeber hat diese Problematik erkannt und den Unmittelbarkeitsgrundsatz gelockert. Künftig wird:
d.h., NPOs können nun auch gemeinsam durch planmäßiges Zusammenwirken einen steuerbegünstigten Zweck verwirklichen, ohne damit ihre Gemeinnützigkeit zu gefährden. Auch ein Zweckbetrieb kann aufgrund der gemeinsamen Tätigkeiten aller beteiligten Körperschaften begründet werden.
d.h., auch reine Holdinggesellschaften ohne eigene operative Tätigkeiten können nun gemeinnützig sein und die entsprechenden Steuerbegünstigungen erhalten. Dies gilt jedoch nur dann, wenn ausschließlich gemeinnützige Beteiligungen gehalten werden.
Die Regelungen zur Weitergabe von Mitteln waren bislang sehr unverständlich. So wurde zwischen klassischen Mittelbeschaffungen (wie z.B. durch Fördervereine) und sonstiger Mittelbeschaffung unterschieden, mit jeweils unterschiedlichen Anforderungen an den Empfängerkreis und den Umfang der Weitergabe.
Jetzt wurden diese Regelungen vereinheitlicht.
Als Mittelempfänger kommen in Betracht:
Der Gesetzgeber stellt damit klar, dass nicht nur Spenden, sondern alle Vermögenswerte als Mittel anzusehen sind, z.B. auch unentgeltliche oder verbilligte Nutzungsüberlassung oder Dienstleistungserbringung.
Nur dann, wenn die Mittelweitergabe einziges Mittel zur Zweckverwirklichung ist, muss dies in der Satzung verankert sein.
Dass die Zwecke der empfangenden NPO mit denen der hingebenden NPO übereinstimmen, ist nicht mehr erforderlich; der Empfänger muss die Mittel lediglich für steuerbegünstigte Zwecke verwenden.
Da es hier oftmals Nachweisprobleme und Rechtsunsicherheit gibt, ob die empfangende NPO die erhaltenen Mittel tatsächlich so verwendet hat, hat der Gesetzgeber auch hier nachjustiert. Künftig darf die zuwendende NPO darauf vertrauen, dass die empfangende NPO die Mittel für steuerbegünstigte Zwecke einsetzt, wenn sie sich die Steuerbegünstigung der empfangenen NPO hat nachweisen lassen und keine Anhaltspunkte für eine Fehlverwendung vorliegen.
Einnahmen einer NPO aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben unterliegen nun erst dann der Körperschaft- und Gewerbesteuer, wenn sie 45.000 EUR (statt wie bisher: 35.000 EUR) im Jahr übersteigen. Der Gesetzgeber hebt die bisherige Freigrenze also deutlich an und entlastet damit kleinere Organisationen von ihren steuerrechtlichen Verpflichtungen.
Das Bundeszentralamt für Steuern wird künftig ein Register führen, in dem alle gemeinnützigen Körperschaften gelistet werden. U.a. wird auch das Datum der Erteilung des letzten Freistellungs- bzw. Feststellungsbescheides gespeichert sein. Das Register soll den Grundstein für eine Digitalisierung und deutliche Vereinfachung des Spendenquittungsverfahrens in Zukunft darstellen.
NPOs mit Sitz in der EU oder im EWR-Raum sollen sich ebenfalls in dieses Register aufnehmen lassen können. Für Spenden aus Deutschland dürfen dann Spendenquittungen nach einem amtlich vorgeschriebenen Muster ausgestellt werden.
Der Finanzverwaltung ist künftig erlaubt, Feststellungsbescheide für die Steuerbegünstigung bereits dann aufzuheben, wenn erkennbar ist, dass die NPO aufgrund ihrer tatsächlichen Geschäftsführung gegen die Satzung verstößt oder sie als extremistisch einzustufen ist.
Bislang war die Aufhebung nur mit Erlass eines Körperschaftsteuerbescheides und nur unter engen Regeln möglich. Dies ist zwar eine verschärfende Maßnahme, aber ein weiterer Schritt zur Rechtssicherheit und, im Hinblick auf NPOs die sich gemeinnützigkeitskonform verhalten, ein fairer Schritt. Denn ohne den Feststellungsbescheid kann eine NPO, die sich nicht konform verhält, künftig den Rechtsschein der Gemeinnützigkeit auch nicht mehr aufrechterhalten und damit auch keine Spenden mehr sammeln.
Auch für engagierte Personen, die gemeinnützige Organisationen durch Spenden oder ehrenamtliche Tätigkeiten unterstützen, gibt es erfreuliche Nachrichten:
Künftig dürfen sie für ihr Engagement einen etwas höheren Betrag erhalten, ohne diesen versteuern zu müssen. Dazu wird die Ehrenamtspauschale von 720 auf 840 EUR/Jahr erhöht. Der Übungsleiterfreibetrag steigt von 2.400 auf 3.000 EUR/Jahr.
Nachweise über Spenden müssen nun (rückwirkend ab 2020) erst ab einem Spendenbetrag von über 300 EUR über eine Zuwendungsbestätigung erbracht werden. Bei kleineren Beträgen reicht also ein vereinfachter Nachweis, z.B. über den Kontobeleg. Bislang lag die Grenze bei 200 EUR. Die Anhebung der Grenze erleichtert sowohl die Bürokratie auf Seiten des Spenders als auch auf Seiten der NPO. Denn diese muss nun erst bei Summen, die die 300 EUR übersteigen, Zuwendungsbestätigungen ausstellen.
Die Änderungen des seit vielen Jahren unangetasteten und stark veralteten Gemeinnützigkeitsrechts sind sehr zu begrüßen, auch wenn der Gesetzgeber dabei zum Teil noch hinter den Vorschlägen des Bundesrates (z.B. bzgl. einer Ausstiegspauschale) zurückgeblieben ist. Vor dem Hintergrund der Corona-Krise sind NPOs noch stärker auf die Spendenwilligkeit der Bevölkerung angewiesen. Jegliche steuerrechtlichen Erleichterungen und der Abbau unnötiger bürokratischer Hürden sind daher sehr wichtig. Dem ist der Gesetzgeber nun mit einem großen Schritt nähergekommen. Dennoch bleibt das im nationalen Steuerrecht verankerte Gemeinnützigkeitsrecht weiterhin sehr komplex.
Gern unterstützen wir Sie in sämtlichen Fragen zum Gemeinnützigkeitsrecht.